In einer aktuellen Entscheidung des BGH vom 10.04.2019 zum Az. VIII ZR 12/18 entschied dieser, dass Mieter ihre Zurückbehaltungs- und Minderungsrechte verlieren, wenn sie eine Mängelbeseitigung durch den Vermieter zu Unrecht ablehnen.
In dem Fall, der dem BGH zur Entscheidung vorlag, mieteten die Beklagten im Jahr 1998 von einer Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Dreizimmerwohnung in Dresden an. Seit 1999 minderten Sie die Miete erheblich wegen diverser vorhandener Mängel. Die jetzige Klägerin kündigte das Mietverhältnis daraufhin wegen Zahlungsverzuges. In dem darauffolgenden Rechtsstreit sprach die Klägerin sechs weitere Kündigung wegen Zahlungsverzuges aus.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Das Landgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der darauffolgenden Revision begehrte die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Im Rahmen der Revision hat der BGH sodann das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben und die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Nach den Feststellungen ist das Mietverhältnis spätestens mit der vierten Kündigung wegen Zahlungsverzuges nach § 543 Abs. 1 S. 1 BGB beendet worden.
Der Zahlungsverzug ist dadurch eingetreten, dass das geltend gemachte Leistungsverweigerungsrecht (§ 320 Abs. 1 S. 1 BGB) durch die erklärte Verweigerung der Mieterin zur Duldung der Mängelbeseitigung entfallen ist und mit dem Wegfall des Zurückbehaltungsrechts die gesamten von den Beklagten auf dieser Grundlage einbehaltenen Beträge zur sofortigen Zahlung fällig geworden sind. Die bis dahin zurückbehaltenen Beträge überstiegen die Höhe von zwei Monatsmieten, sodass die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3b BGB erfüllt waren.
Nach den Ausführungen des Senates widerspricht es dem Zweck des Leistungsverweigerungsrechts, wenn der Gläubiger einerseits Druck auf den Schuldner ausübt, um diesen zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung anzuhalten, er andererseits aber dem Schuldner die Erfüllung dieser Pflicht nicht ermöglicht, indem er die Erfüllung in Gestalt der Mängelbeseitigung ablehnt. Deswegen endet das Zurückbehaltungsrecht nicht nur bei Beseitigung des Mangels sondern auch wenn die Duldung der Mängelbeseitigung durch den Mieter verweigert wird. Mit Wegfall des Zurückbehaltungsrechts geht auch die sofortige Fälligkeit des zurückbehaltenen Betrages einher.
Auch der Verweis der Mieter, die Durchführung der Mängelbeseitigung würde einer Beweisvereitelung in einem anderweitig anhängigen Gerichtsverfahren hinsichtlich dieser Mängel gleichkommen, ändert hieran nichts. Nach Ansicht des BGHs hätten diese Mängel im Falle ihrer Beseitigung auch auf anderem Weg bewiesen werden können.
Der Wirksamkeit der Kündigung stand vorliegend auch eine geltend gemachte Minderung des Mietzinses nicht entgegen, da die insgesamt vorgenommenen Mietkürzungen auch unter Berücksichtigung der rechtmäßigen Mietminderungen einen Rückstand begründeten, welcher den Vermieter zum Ausspruch der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigte. Der Wegfall des Zurückbehaltungsrechts des Mieters führte letztlich also zum Erfolg der Räumungsklage im laufenden Verfahren.
Insofern sei festgehalten, dass es sich als Vermieter lohnt, die Mängelbeseitigung ernsthaft und konkret anzubieten, sofern Mängel unstreitig bestehen. Bis zur Beseitigung vorhandener Mietmängel, welche vom Vermieter zu beseitigen sind, kann sich der Mieter neben der Mietminderung auf ein umfangreiches Zurückbehaltungsrecht berufen, welches Mietrückstände und ggfs. auch eine hierauf gestützte Kündigung ausschließen kann. Die vorliegende Entscheidung des BGH stellt klar, dass bereits die verweigerte Duldung im Hinblick auf Maßnahmen zur Mängelbeseitigung das Zurückbehaltungsrecht entfallen lässt. Gleiches dürft gelten, wenn der Mieter dem Vermieter eine rechtzeitig angekündigte erstmalige Besichtigung und Überprüfung angezeigter Mängel verwehrt und den Zutritt zur Wohnung nicht gewährt.
Es empfiehlt sich für den Vermieter dringend, die rechtzeitige Ankündigung einer Maßnahme zur Mängelbeseitigung sowie deren Ablehnung durch den Mieter beweissicher zu dokumentieren, um erforderlichenfalls den notwendigen Nachweis im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen zu können.
Lukas Braunschweig
Rechtsanwalt