Wird ein Mietverhältnis über eine Wohnung durch den Vermieter wegen Eigenbedarfs gekündigt, kann der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, sofern die Beendigung für ihn oder seine Familie eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellt (§ 574 BGB). Ein Härtefall kann durch jeden wirtschaftlichen, finanziellen, gesundheitlichen, familiären oder persönlichen Nachteil begründet sein, muss sich in seiner Auswirkung aber von den normalen mit einem Wohnungswechsel verbundenen Nachteilen deutlich abheben.
Allerdings führt nicht jeder Härtefall zur Fortsetzung des Mietverhältnisses. Vielmehr muss bei Vorliegen eines Härtegrundes eine Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter zu einem Überwiegen der Belange des Mieters führen. Hierbei kommt weder den Belangen des Mieters noch den Interessen des Vermieters von vornherein ein größeres Gewicht zu. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Lebensverhältnisse verbietet es sich für das Gericht sogar, eine verallgemeinerte Kategorisierung der Belange vorzunehmen.
In einem aktuellen Urteil (VIII ZR 180/18) hat der BGH klargestellt, dass ein hohes Alter des Mieters und/oder eine lange Mietdauer und eine damit einhergehende langjährige Verwurzelung in der Umgebung allein noch keinen Härtefall begründen, sofern nicht noch weitere Umstände hinzukommen, wie z. B. eine Erkrankung des Mieters, aufgrund derer eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes zu erwarten ist, wenn er aus seiner bisherigen Umgebung herausgelöst wird.
Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen des Härtefalleinwandes nur gegeben, weil durch ein ärztliches Attest belegt werden konnte, dass der Mieter an einer Demenzerkrankung leidet und zu befürchten stand, dass durch den Auszug aus der Wohnung, welche ihm über 40 Jahre als Zuhause diente, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintrete. Nach den Ausführungen des BGH ist es in derartigen Situationen zwingend erforderlich, dass sich die Tatsacheninstanz – wie im vorliegenden Fall – mittels sachverständiger Hilfe ein genaues Bild über die gesundheitlichen Folgen eines möglichen Umzugs für den Mieter erstellen lässt.
Zudem hat der BGH in dem genannten Urteil festgestellt, dass der Härtegrund des zu zumutbaren Bedingungen nicht zu beschaffenden Ersatzwohnraums nicht bereits gegeben ist, wenn im Gemeindegebiet gerichtsbekannt eine angespannte Wohnlage herrscht, sondern dass hierzu vom Mieter stets zusätzlich die konkret entfalteten, erfolglosen Bemühungen um Ersatzwohnraum darzulegen sind. Im Übrigen hat sich die Suche des Mieters um adäquaten Ersatzwohnraum auch auf das gesamte Gemeindegebiet und auf Wohnraum zu schlechteren Konditionen zu erstrecken.
Da im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung grundsätzlich nur Interessen des Vermieters vom Gericht berücksichtigt werden können, die bereits im Kündigungsschreiben angegeben wurden, empfiehlt sich die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe bereit bei der Erstellung des Kündigungsschreibens.
Kanzlei Steffens & Partner – Fachkanzlei für Immobilienrecht
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