Eine Entscheidung mit Auswirkung auf die Frage, in welchen Ausnahmefällen die Zwangsräumung einer Wohnung scheitern kann.
Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich entschieden, dass in Ausnahmefällen die Zwangsvollstreckung auf Räumung einer Wohnung auf Dauer einzustellen ist, wenn Leben und Gesundheit des Vollstreckungsschuldners erheblich gefährdet sind und keine Änderung zum Besseren zu erwarten ist.
2 BvR 548/16
Das Bundesverfassungsgericht hatte sich mit einem Fall zu befassen, in dem bei der Vollstreckungsschuldnerin eine erhebliche Suizidgefahr bestand. Die Vollstreckungsschuldnerin litt an einer schweren psychischen Erkrankung und war darüber hinaus auch körperlich schwerbehindert. Trotz konsequenter psychiatrischer Behandlung einschließlich einer Medikation von Antidepressiva, Antipsychotika, Schmerzmedikation und einem Tranquilizer verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand kontinuierlich. Die Suizidgedanken verstärkten sich kontinuierlich. Auslöser für die stetige Verschlechterung des Gesundheitszustandes war die drohende Zwangsräumung, da für die Vollstreckungsschuldnerin das Haus einen äußerlich und innerlich geschützten Rückzugsort darstellte.
Drohende Zwangsräumung löste Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus
Die Vollstreckungsschuldnerin hatte in der Vergangenheit auch bereits mehrfach Suizidversuche unternommen und hiervon körperliche Schäden zurückbehalten. So hatte sie bei einem Suizidversuchs ein Auge verloren und war aufgrund eines Schädelhirntraumas wochenlang bewusstlos.
In einem so krassen Einzelfall wie diesem kann es geboten sein, dass ein Gericht eine Zwangsräumung dauerhaft einstellt, um von der Vollstreckungsschuldnerin den Druck zu nehmen, der zur ständigen Verschlechterung des Gesundheitszustandes geführt hat.
Diese Entscheidung hat Auswirkungen auf die Frage, in welchen Ausnahmefällen nach dem erfolgreichen Abschluss eines Räumungsverfahrens eine Durchsetzung des Räumungsanspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung doch noch scheitern kann.
(Rechtsanwalt Niko Steffens)