Der Bundesgerichthof (BGH) hat kürzlich entschieden, dass eine fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen unpünktlicher Mietzahlungen – unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Mieters – auch in Betracht kommen kann, wenn die Mietzahlungen durch staatliche Transferleistungen, z.B. durch das Jobcenter, an den Vermieter gezahlt werden.
BGH, Urteil vom 29.06.2016 – Az. XIII ZR 173/15
Gesamtabwägung sämtlicher Umstände im Einzelfall entscheidend
Entscheidend sei in einer solchen Konstellation das Ergebnis der erforderlichen Gesamtabwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Insoweit sei einerseits zu berücksichtigen, ob wiederholt Verspätungen hinsichtlich der Mietzahlungen aufgetreten sind und ob diese Verspätungen jeweils einen längeren Zeitraum und erhebliche Beträge betreffen. Andererseits komme es auch darauf an, ob der Vermieter in besonderen Maße auf den pünktlichen Eingang der Miete angewiesen ist, z. B. weil er diese benötigt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder um Kredite zu bedienen.
Schließlich führte das Gericht aus, dass es eine Rolle spielen könne, ob das Mietverhältnis abgesehen von den unpünktlichen Mietzahlungen bisher störungsfrei verlaufen ist oder ob beispielsweise kurze Zeit vorher bereits eine rechtmäßige fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges ausgesprochen wurde, welche durch nachträglichen Ausgleich des Rückstandes unwirksam geworden ist.
Verspätete Mietzahlung
Insoweit entspricht es bereits ständiger Rechtsprechung des BGH, dass die widerholt und nicht unerheblich verspätete Mietzahlung auch ohne vorherige Abmahnung den Ausspruch einer fristgemäßen Kündigung rechtfertigen kann (BGH, Urteil vom 28.11.2007 – XIII ZR 145/07) und dass eine unpünktliche Zahlung der Miete nach vorheriger Abmahnung grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung darstellen kann (vgl. BGH, Urteil vom 11.01.2006 – Az. XIII ZR 364/04).
Durch das jetzige Urteil hat der BGH klargestellt, dass es bei schleppender Mietzahlung nicht zwingend auf ein Verschulden des Mieters ankommt, sondern das sich allein aus der objektiven Pflichtverletzung unpünktlicher Mietzahlungen und den sich hieraus ergebenden negativen Auswirkungen für den Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses als unzumutbar darstellen kann – selbst wenn die unpünktlichen Zahlungen auf das Verschulden einer Behörde zurückzuführen sind.
Dieses Urteil hat Auswirkungen auf die Frage, ob eine Kündigung des Mietverhältnisses und ein hierauf gestütztes Räumungsverfahren Aussicht auf Erfolg hat, sofern Unregelmäßigkeiten bei den Mietzahlungen auftreten und bekannt ist, dass die Mieter Transferleistungen beziehen oder die Miete direkt durch eine öffentliche Stelle gezahlt wird.
(Rechtsanwalt Thomas Krüger-Johns)