Im Sommer des vergangenen Jahres hat der Schleswig-Holsteinische Landtag das Nachbarschaftsrecht geändert. Relevant sind hierbei insbesondere zwei Regelungen.
Zum einen ist die in § 40 Abs. 1 Nachbarschaftsgesetz vorhandene Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Rückschnittmaßnahmen grenzständiger Pflanzen auf dem Nachbargrundstück von 2 auf 4 Jahre verlängert worden. Der neue § 40 Abs. 1 Nachbarschaftsgesetz sieht nun vor, dass der Anspruch auf ein Zurückschneiden von Anpflanzungen nicht mehr innerhalb von zwei, sondern nun innerhalb von vier Jahren, nachdem die grenznahe Pflanze die zulässige Höhe oder den einzuhaltenden Abstand überwachsen hat, durch Klageerhebung gewahrt werden muss. Diese Änderung führt dazu, dass sich der durch eine grenznahe Anpflanzung gestört fühlende Nachbar länger auf seine gesetzlichen Ansprüche berufen kann.
Die zweite Änderung betrifft all diejenigen, welche ihr grenzständiges Haus nachträglich mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen wollen. Der neu eingefügte Abs. 2 zu § 15 des Nachbarschaftsgesetzes sieht nämlich vor, dass eine Wärmedämmung um bis zu 0,25 m die Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück überschreiten darf. Liegen die jeweiligen Voraussetzungen vor, kann sich der Nachbar hiergegen nicht wehren.
Diese Regelung hat bei Grundstückseigentümern sowie den entsprechenden Verbänden für großes Aufsehen gesorgt, da hierin ein Eingriff in die Eigentumsrechte des Eigentümers des zu überbauenden Grundstückes gesehen werden. Gegen die neuen gesetzlichen Vorgaben wurde als Argument ins Feld geführt, dass dem Land bereits die Gesetzgebungskompetenz für derartige Regelungen fehlen würde, da in § 912 BGB bereits Regelungen zum Überbau enthalten seien. Mit Entscheidung vom 12.11.2021 hat der Bundesgerichtshof zum Az. V ZR 115/20 nun allerdings klargestellt, dass derartige Regelungen sehr wohl von den einzelnen Bundesländern getroffen werden dürften. Insofern wird sich der Eigentümer des Grundstückes, welches durch die nachträgliche Wärmedämmung des Nachbarn beeinträchtigt wird, zukünftig mit der Zahlung einer Überbaurente begnügen müssen.
Rechtsanwalt Lukas Braunschweig